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Der Hund verteidigt, was ihm wichtig ist

hr

Schon öfters wurde ich gebeten, einen Artikel zum Thema Ressourcenverteidigung zu schreiben. Da es sich um einen sehr komplexen Sachverhalt handelt, kann ich nur eine Einführung in die Thematik geben. Um in die Tiefe zu gehen, empfehle ich den Besuch eines Seminars.

Was ist Ressourcenverteidigung?

Zunächst muss geklärt werden, was eine Ressource ist. Eine Ressource ist für den Hund alles, was für ihn wichtig, menschlich ausgedrückt „kostbar“ ist. Wie der Satz schon aussagt, entscheidet das der Hund selbst und nicht der Mensch. Mögliche Beispiele für Ressourcen sind:

  1. Liegeplätze, wie das Körbchen, Decken und Kissen. Aber auch das Sofa, das Bett oder der Platz in der Sonne können Ressourcen für den individuellen Hund sein.
  2. Fressbares, wie Futter, Leckerchen, Futtertuben. Inbegriffen können Dinge sein, die mit Fressbarem verknüpft sind:
    Futter- und Wassernapf, die Küche, der Fütterungsort, die Futtertasche, die der Mensch beim Spaziergang dabei hat; Orte, an denen Futter gegeben wurde; der Raum, in welchem Futter aufbewahrt wird; Mülleimer, Komposthaufen usw.
  3. Hunde-)Spielzeuge, wie Bälle, Stofftiere, Gummitiere, Dummys, Beißwürste, Stöcke etc.)
  4. Bezugsperson(en). Verknüpft der Hund mit der Bezugsperson Vertrauen, Sicherheit und Wohlbefinden, so kann diese eine wichtige Ressource sein.

Ressourcen sind individuell und so kann auch ein Platz an der Heizung oder ein Stück Müll für den Hund sehr wichtig sein.

Ressourcenverteidigung bedeutet nun, dass der Hund diese Ressourcen offensiv verteidigt. Das Ausmaß der Verteidigung ist wiederum individuell und reicht vom Wegtragen der Beute bis hin zum Beißen. Auch der Radius, den der Hund um die Ressource verteidigt ist individuell verschieden.

Ist Ressourcenverteidigung normal?

Biologisch gesehen, macht es durchaus Sinn, seine Ressourcen zu verteidigen und wir Menschen tun dies sehr ausgeprägt.

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie sitzen im Restaurant, bestellen und bekommen Ihre Lieblingsmahlzeit. Der Duft steigt Ihnen in die Nase. Nun kommt eine Person vom Nachbartisch mit einer Gabel und isst Ihnen vor der Nase alles weg. Würden Sie dies akzeptieren?

Viele Hunde geben Spielzeug und Futter, ihre Liegeplätze usw bereitwillig der Bezugsperson oder sogar fremden Menschen ab. Oft bekommen sie dafür nichts.

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Was kann ich gegen Ressourcenverteidigung tun?

Bitte probieren Sie alles Folgende nicht ohne professionelle Begleitung aus! Sicherheit sollte an oberster Stelle stehen und die Ausführungen hier können nur eine Richtung vorgeben. Das tatsächliche Training sollte mit einer Fachperson durchgeführt werden!

Es ist zunächst wichtig zu beobachten, was der Hund genau verteidigt, damit das Richtige trainiert wird. Verteidigt er wirklich seine Bezugsperson oder doch eher den Futterbeutel, den die Bezugsperson dabei hat? Ist es wirklich das Sofa oder die Bezugsperson, die auf dem Sofa sitzt?

Wichtig ist Folgendes:

1. Es wird richtig belohnt/verstärkt.
Das „Nichtverteidigen“ oder anders gesagt, freundliches Verhalten an Ressourcen lohnt sich aus Hundesicht nur in zwei Fällen. Wenn der Hund seine Ressource behalten darf oder wenn sich der Auslöser der Ressourcenverteidigung entfernt.

Im Training lernt der Hund dann im ersten Schritt vereinfacht gesagt, „wenn ich freundlich oder neutral bleibe, dann kann ich meinen Schatz behalten und der mögliche Dieb verschwindet“.

2. Es kommt noch Gutes hinzu
Bei Hunden, die Ressourcen bereits verteidigen, kann der erste Schritt sein, dass man dem Hund etwas zu seiner Ressource dazugibt. Also z.B. immer wieder dem Hund etwas Fressbares in den Napf geben/werfen und dann gehen. Zu seinem Nageknochen können Leckerchen hinzuzugeben oder geworfen werden wenn man sich annähert, wobei man sich auch hier danach wieder entfernt.

Der Hund lernt dadurch, dass die Annäherung des Menschen nicht bedeutet, dass ihm etwas weggenommen wird, sondern im Gegenteil, dass etwas Gutes hinzukommt. Bald freut sich der Hund im Idealfall über die Annäherung des Menschen.

3. Entspannung an der Ressource
Je angespannter und erregter der Hund ist, desto schneller reagiert er aggressiv. Es ist daher wichtig, dass der Hund lernt an der Ressource zu entspannen.

Dies hat zudem den Nebeneffekt, dass sich die Kiefermuskulatur öffnet und der Hund leichter ausgeben kann. Mit angespanntem Kiefer geht dies nicht.

Strafe sorgt für eine Erhöhung der Anspannung. Nur Entspannungstechniken können hier helfen. Beispiele wären die konditionierte Entspannung, isometrische Übungen, Biofeedback-Verfahren usw

4. Es sind genügend Ressourcen vorhanden
Ressourcenverknappung begünstigt Ressourcenverteidigung. Wenn der Hund zum Beispiel nur ein einziges Spielzeug hat, das er zusätzlich nur einmal am Tag bekommt, dann wird dieses Spielzeug unglaublich wertvoll und eine höherwertige Ressource, als wenn der Hund mehrere Spielzeuge immer zur Verfügung hat.

Dem Hund alle Ressourcen wegzunehmen, sorgt also dafür, dass sie eher verteidigt werden, wenn der Hund sie denn einmal bekommt.

Dies ist biologisch sinnvoll. Am Beispiel des Futters möchte ich dies aufzeigen. Ist das Futter knapp, so macht es Sinn, das wenige Futter, das gefunden wird auch zu behalten und zu verteidigen. Dieses dann noch zu teilen, wäre biologisch gesehen höchst riskant, da die Gefahr bestünde zu verhungern. Nur wenn das wenige Futter auch behalten wird, ist die Existenz gesichert.

Hören Sie also nicht auf den Rat, dem Hund keine Spielzeuge zu geben- geben Sie ihm lieber mehr davon.

5. Ressourcen werden nicht einfach weggenommen
Hunde lernen häufig von klein auf, dass ihnen alles zu jedem Zeitpunkt weggenommen werden kann. Oft liegt das an Tipps, die den Haltern gegeben werden. Tipps wie: „du musst ihm den Futternapf immer wieder wegnehmen, damit er lernt, dass du der Chef bist“ oder „wenn er dich am Ball anknurrt, musst du den Ball sofort wegnehmen und nicht wieder hergeben. Du lässt dich doch wohl nicht von deinem Hund anknurren!“ oder „Hunde lernen nur zu teilen, wenn dies eingefordert wird- so früh wie möglich“ usw.

Was lernt der Hund dabei? Er lernt im Zweifelsfall, dass er seine Ressourcen schneller in Sicherheit bringen oder stärker verteidigen muss, da das bisherige Verhalten keinen Erfolg gebracht hat. Im Gegenteil, die Ressource ist verschwunden und so werden manche Hunde immer deutlicher in der Drohung und offensiven Verteidigung.

Natürlich ist es wichtig, dass der Hund „Ressourcen“ auf Signal ausgibt, allerdings über einen anderen Weg.

Im Training wird also eines beachtet: die Ressource wird nicht einfach weggenommen.

6. Der Hund lernt „aus“zugeben
Man kann dem Hund das „aus“geben auch positiv und mit Spaß beibringen. Dabei gibt es verschiedene Wege. Der Hund kann lernen, dass es sich lohnt das Maul zu öffnen oder der Hund lernt, dass es sich lohnt etwas auszuspucken.

7. Genug Distanz
Steine legt man sich in den Weg, wenn man erwartet sofort alles wegnehmen zu können und der Hund dies freudig erwartet. Effektives Lernen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es immer von Erfolg gekrönt ist. Das heißt, dass man den Hund nicht überfordert.

Üben Sie sich dem Hund und seiner Ressource in einer Distanz anzunähern, die der Hund auch schafft und in der er noch nicht beginnt zu verteidigen. Dieses Verhalten können Sie dann verstärken.

Klingt alles sehr kompliziert? Ist es nicht. In der Praxis ist es ganz einfach - bei Bedarf melden Sie sich bei einem kompetenten Trainer / einer kompetenten Trainerin. Gerne empfehle ich Ihnen eine(n) bei Ihnen vor Ort!